Kunst vor 1945 - Coming of Age

Erste Impulse und weitreichende Prägungen für ihren weiteren künstlerischen Werdegang erhält Ruth Baumgarte von 1941 bis 1944 an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste in Berlin-Charlottenburg. Ihre fundierte Ausbildung in freier Grafik und Zeichnung vermittelt ihr Gerhard Ulrich in der Fachklasse Illustration. Kurt Wehlte, Spezialist für Maltechnik, führt sie in die Malerei ein. 

Von Beginn an hat Ruth Baumgarte einen wachen Blick für die Menschen und Situationen in ihrem sozialen Umfeld, nimmt die Verstrickungen und Zustände der Zeit genau auf und offenbart in ihren künstlerischen Darstellungen die gesellschaftlichen Verhältnisse. 

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Die Koloristin

Aus einer humanistischen Haltung heraus verknüpfte die Malerin zeitlebens Gesellschaftsthemen mit der suggestiven Strahlkraft der Farbe, die zur treibenden Energie ihres Schaffens wird.

Während ihres Studiums an der Berliner Staatlichen Hochschule für bildende Künste von 1941 bis 1944 lernt sie die Aquarelltechnik über ihren Studienfreund Florian Breuer kennen, dessen Begeisterung sie für expressionistische Malerei teilte. Erste Arbeiten in Aquarell entstehen. Sie sind mit hellen, kräftigen Farben dargestellt, die auf den drei Grundfarben der modernistischen Malerei, Rot, Gelb und Blau, beruhen. Mit der Aquarellmalerei eignete sich die Künstlerin eine der schwierigsten Techniken an und drängte die in ihrem Werk bisher vorherrschende dunkle Tongebung energisch zurück.

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Arbeitswelt in der Kunst

Ruth Baumgarte ist die einzige Künstlerin in der Nachkriegszeit in Westdeutschland, die sich über fast 20 Jahre lang kontinuierlich mit der Eisenindustrie auseinandersetzt. 

Das Interesse der Künstlerin an der Arbeitswelt wird bereits während ihres Kunststudiums geweckt. Doch in den 1950er Jahren erhält es entscheidende Impulse.

Als emanzipierte Künstlerin ist es für Ruth Baumgarte in der damals konservativen Zeit nicht einfach, sich gegen das traditionelle Rollenbild als Mutter und Unternehmergattin zu behaupten. Doch sie erlebt jetzt die für sie inspirierende und bis dahin ebenso völlig neue Welt der Industrieproduktion im Eisenwerk ihres Mannes.

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Ruth Baumgarte - Soziale Wirklichkeit in der Kunst

Soziale Wirklichkeit in der Kunst

Als Ruth Baumgarte in den 1980er Jahren beginnt, den afrikanischen Kontinent öfter zu bereisen, drängen sich ihr zur gleichen Zeit auch die gesellschafts- und sozialpolitischen Themen in ihrer Heimat auf. Hellsichtig und präzise gegenüber den sozialen und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen ihrer Zeit, reflektiert sie die soziale Wirklichkeit in ihrer Kunst. In dieser Zeit entstehen viele Milieustudien, die das Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft, Mensch und Natur darstellen. Schon während ihres Studiums in Berlin zeichnet Ruth Baumgarte Ausgegrenzte der Gesellschaft, wie die von den Nationalsozialisten verfolgten und in Auschwitz ermordeten Sinti und Roma oder erforscht das Arbeitermilieu ihrer unmittelbaren Umgebung. Es sind erste tastende, aber auch mutige Versuche, einen eigenständigen Blick auf ihre Umwelt zu finden.

 

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Die Rolle der Frau im 20. Jahrhundert

Die Darstellung von Frauen in der Kunst nimmt bei Ruth Baumgarte eine maßgebliche Rolle ein. 

Die Künstlerin beschäftigt sich in zahlreichen Arbeiten mit der gesellschaftlichen Rolle der Frau im 20. Jahrhundert. Es fließen nicht nur Eindrücke aus ihrem vielseitigen und bewegten Leben als Künstlerin, Mutter von fünf Kindern in einer Patchworkfamilie und Unternehmergattin in Deutschland ein, sondern auch all ihre starken Erlebnisse und emotionalen Wahrnehmungen, die sie von den so unterschiedlichen Frauenleben auf ihren Reisen in Europa und ganz besonders auf dem afrikanischen Kontinent gewinnt. 

 

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Ruth Baumgarte - Die 80er Jahre – Umwelt- und Sozialthemen in der Kunst

Umwelt- und Sozialthemen

Die deutsche Kunst der 80er-Jahre wendet sich von Konzeptkunst und Minimalismus ab und kehrt unter anderem mit den Neuen Wilden zu einer von Expressivität und Emotionalität geprägten farbigen Malerei mit einer großen stilistischen Vielfalt zurück. Erwartungshaltungen, dass der Künstler stets Bilder neu erfinden müsse, gelten nicht mehr. In der Kunst herrscht ein neuer Stilpluralismus, der sich auch aus dem Bildfundus vergangener Jahrhunderte bedient und den „Hunger nach Bildern“ (Wolfgang Max Faust) stillt. 

Aufgrund privater Umbrüche kann sich Ruth Baumgarte während dieser Zeit wieder verstärkt ihrer Malerei widmen und setzt sich in ihrer Kunst der 80er-Jahre mit gesellschaftlichen und politischen Brennpunkten wie das Wettrüsten im Kalten Krieg oder die Reaktorkatastrophe 1986 in Tschernobyl auseinander. Umwelt- und Sozialthemen nehmen nun einen zentralen Platz in ihrer Kunst ein.

 

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African Vision

Als Ruth Baumgarte ihre in den 1950er-Jahren begonnenen Reisen wiederaufnimmt, steht sie in der Mitte ihres Lebens. Bis ins hohe Alter reist die Künstlerin innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren über vierzig Mal in afrikanische Länder, unter anderem nach Ägypten, Simbabwe, Kenia, Tansania, Namibia und Südafrika, und verbringt dort oft mehrere Wochen. Die intensive farbige Wirkung der Natur vor Ort beeindruckt Ruth Baumgarte zutiefst und sie entwickelt nun ihren ganz eigenen expressiven Stil, der einen neuen Kolorismus in ihrem Werk einleitet. Landschaft und Menschen dieses Kontinents werden zur wichtigsten Inspiration ihrer Kunst.

Wo immer sie sich aufhält, beobachtet sie die Menschen aufmerksam, fühlt sich empathisch ein in die jeweiligen Lebenssituationen, in den Geschlechterkampf, die Geschlechterrolle der Frau als Arbeiterin auf dem Land. Sie interessiert sich für die fremden Kulturen in dem damals für europäische Kunstschaffende noch weitgehend unerschlossenen Kontinent. Das, was sie sieht und erlebt – eben auch die Umbruchzeiten auf dem afrikanischen Kontinent −, dokumentiert sie mit Studien vor Ort und verarbeitet die Ergebnisse in farbgesättigten Ölgemälden, virtuosen Aquarellen wie Zeichnungen und ausdrucksstarken Gouachen, sobald sie wieder in ihr Atelier in Deutschland zurückkehrt.

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Reisende Künstlerin

Ruth Baumgarte nimmt unter den reisenden Künstlerinnen und Künstlern in Europa eine Sonderstellung ein. 

Seit den späten 1950er- und verstärkt ab den 1980er-Jahren geht sie auf Reisen in Europa, unter anderem begeistern sie die Länder Skandinavien, Österreich, Italien und Nordspanien. Sie entdeckt den Nahen Osten, das Kaspische Meer, die USA und den afrikanischen Kontinent. Hinzu kommen zahlreiche Aufenthalte in internationalen Großstädten. Ihre Faszination gilt der atemberaubenden Atmosphäre der Orte, der fremden und fesselnden Kulturen, der so unterschiedlichen Menschen und ihrer Lebensstile.

„Kein Tag ohne Linie!“ − mit diesem künstlerischen Motto, das Paul Klee für sein umfangreiches spätes Zeichenwerk fand, kann auch Ruth Baumgartes Leidenschaft für die südliche Landschaft, Architektur und Erzählkultur bezeichnet werden. Insbesondere Nordspanien erkundet sie um 1980 mit leichtem Gepäck. Mit einem kleinen Klappstuhl, Kaffeebecher, Skizzenblock, Aquarellkasten und diversen Zeichenstiften und -pinseln geht die reisende Künstlerin auf Wanderungen durch die herrliche Landschaft. Draußen begegnen ihr überall Motive und so entstehen zahlreiche Momentaufnahmen. Die Natur wird ihr Freiluftatelier.

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