Künstlerin auf Reisen

New York, Central Park, 6th Avenue, um 1981, Faserstift auf Papier, 12 x 16 cm

Atelier im Freien - en plein air

Ruth Baumgarte nimmt unter den reisenden Künstlerinnen und Künstlern in Europa eine Sonderstellung ein. Seit den späten 1950er- und verstärkt ab den 1980er-Jahren geht sie auf Reisen in Europa, unter anderem begeistern sie die Länder Skandinavien, Österreich, Italien und Nordspanien. Sie entdeckt den Nahen Osten, das Kaspische Meer, die USA und den afrikanischen Kontinent. Hinzu kommen zahlreiche Aufenthalte in internationalen Großstädten. Ihre Faszination gilt der atemberaubenden Atmosphäre der Orte, der fremden und fesselnden Kulturen, der so unterschiedlichen Menschen und ihrer Lebensstile.

Reisetagebuch

„Kein Tag ohne Linie!“ − mit diesem künstlerischen Motto, das Paul Klee für sein umfangreiches spätes Zeichenwerk fand, kann auch Ruth Baumgartes Leidenschaft für die südliche Landschaft, Architektur und Erzählkultur bezeichnet werden. Insbesondere Nordspanien erkundet sie um 1980 mit leichtem Gepäck. Mit einem kleinen Klappstuhl, Kaffeebecher, Skizzenblock, Aquarellkasten und diversen Zeichenstiften und -pinseln geht die reisende Künstlerin auf Wanderungen durch die herrliche Landschaft. Draußen begegnen ihr überall Motive und so entstehen zahlreiche Momentaufnahmen. Die Natur wird ihr Freiluftatelier. Fast jedes Blatt − in Aquarell oder Tusche ausgeführt − datiert sie, so dass ihre dichten Schaffensperioden zum Reisetagebuch werden.

African Story Teller, (Vor den weißen Häusern), 1988, Kohle und Kreide auf blaugrauem Papier, 68 x 86,7 cm

Diskurs Afrika

Höhepunkt ihrer Reiselust ab 1984 wird der afrikanische Kontinent, den sie bereits in den 1950er-Jahren kennenlernte.

“Auf Basis schneller Skizzen, die sie vor Ort anfertigte, schuf sie später - wieder zuhause in ihrem Atelier in Deutschland - neue farbintensive Gemälde , virtuose Aquarelle, ausdrucksstarke Gouachen und Zeichnungen." Klaus Albrecht Schröder, Generaldirektor der Albertina Wien.

Bis ins hohe Alter reist die Künstlerin über vierzig Mal in afrikanische Länder wie Ägypten, Südafrika, Kenia, Tansania, Uganda, Äthiopien, Sudan und Simbabwe. Mit dem so genannten Afrika-Zyklus (1984-2004), der 100 Arbeiten umfasst, sowie zahlreichen weiteren Reisebildern nimmt Ruth Baumgarte eine Sonderstellung unter den reisenden Künstlerinnen und Künstlern in Europa im 20. Jahrhundert ein, die durch den globalen Süden wesentliche Impulse für ihre Kunst erhalten.