Sonderedition 2023

Einmalige Sonderedition zum 100. Geburtstag von Ruth Baumgarte

Die exklusive Sonderedition wurde 2023 zu Gunsten des Kinderzentrums Bethel herausgeben. Der Erlös wurde dem Kinderzentrum im Frühjahr 2024 übergeben. Es handelt sich um drei Werke aus dem Afrika-Zyklus der Künstlerin, die einmalig als zertifizierte Originalgraphiken vom 20. Juni bis 26. August 2023 herausgegeben wurden. Die Serigraphien sind auf hochwertigem Fine Art Papier gedruckt und durch den Nachlassstempel der Kunststiftung autorisiert. Mit einem Zertifikat wird die Echtheit der Serigrafien bestätigt. Im Anschluss an die Sonderedition-Aktion für Bethel werden die übrigen Exemplare der limitierten Edition in einer Gesamtauflage von 40 Exemplaren nun zum Preis von 2.900.- € angeboten. Die Lieferung versteht sich ohne Rahmen. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an die Kunststiftung Ruth Baumgarte, sekretariat@ruth-baumgarte.com, +49 521-56031-28

On the River Bank, 1987
(Frau am Fluss / Riverside / Afrika X)
Aquarell über Kohle auf Papier
55,5 x 74,8 cm
WVZ Nr. 776

Das großformatige Aquarellblatt zeigt das intime Porträt einer sitzenden Frau an einem Ufer. Ihre muskulöse Gestalt weist auf schwere tägliche Arbeit hin. Neben ihr steht ein Korb mit Geschirr. Im Hintergrund der stimmungsvollen Flusslandschaft zieht ein Kahnfahrer vorbei; schemenhaft zeichnet sich am anderen Ufer die Silhouette einer modernen Stadt ab. Doch die Frau verdeckt mit der linken Hand ihre Augen vor der Umgebung; sie sitzt in sich versunken am Wasser, das in seiner gedämpften grün-violetten Färbung die seelische Verfassung der Frauengestalt widerspiegelt.

Bevor Ruth Baumgarte in ihrem Afrika-Zyklus ganz zum Ölbild wechseln wird, fertigt sie in den Achtzigerjahren eine Gruppe von großformatigen Kohle- und Pastellzeichnungen sowie Aquarellblättern an, zu denen auch dieses Werk gehört. In den Blättern charakterisiert sie die verschiedenen Rollen und Funktionen der Frau in der afrikanischen Gesellschaft, die sich vorwiegend um das Haus und die Vorbereitung von Speisen drehen. Die Frauen erscheinen als Ährenleserin, Netzknüpferin, beim Sammeln von Holz und Maiskolben.

Bemerkenswert ist, wie einige Werke die Frauen auch in kontemplativen Situationen zeigen, etwa zusammengekauert oder sinnend und nachdenkend wie in diesem Aquarell. Die Frauen werden somit nicht nur als Teil einer stark kontrollierten sozialen Gemeinschaft sichtbar, sondern auch als selbstbestimmte, emanzipierte Individuen, die einen eigenen Lebens- und Denkraum für sich beanspruchen.

Rote Blume Afrika III, 1988
(Floral Fire)
Aquarell auf Papier
53 x 71,5 cm
WVZ Nr. 822

Ruth Baumgarte hat die internen Konflikte des Apartheidstaats Südafrika seit den Achtzigerjahren künstlerisch immer wieder reflektiert. Eine Werkgruppe von sieben Aquarellen und Kohlezeichnungen zum Thema Rote Blume Afrika zeigt verschiedene Aspekte des Lebens in dem afrikanischen Land auf. Aus der Gruppe sticht ein leuchtend rotes, expressives Aquarell heraus, das die Nationalblume Kaprose (Protea) mit dem Element des Feuers verknüpft.

Die linke Bildhälfte wird von einer rot-gelben Form, deren Spitzen in den blauen Himmel ragen, gänzlich eingenommen. Rechts davon kniet eine männliche Figur und macht sich an der Stelle zu schaffen. Hinter ihm sind weitere Figuren zu sehen, die sich zu bewegen scheinen. Die Form ist durch die Kelchblätter und den in der Mitte deutlich sichtbaren Stempel als Blume gekennzeichnet. Doch erscheint die Pflanze in dieser Dimension, gerade im Vergleich zum knienden Mann neben ihr, unverhältnismäßig monumental, was ihre Bedeutung steigert.

Die hier dargestellte Kaprose stellt die Königin der Blumen dar, ziert in stilisierter Form das Wappen Südafrikas und ist gleichzeitig Nationalblume des Landes. Dass ihre malerische Gestaltung nun mit dem Feuermotiv verschmilzt, hat mit Ruth Baumgartes Erlebnissen auf dem afrikanischen Kontinent zu tun. Die Feuerblume ist ein Symbol für Befreiung, Unruhe und Gewalt geworden. Im Rahmen ihres Afrika-Zyklus hat die Künstlerin das Element des Feuers sowohl als lebensnotwendige, als auch als lebenszerstörende Naturkraft dargestellt. Sie zeigt auf, dass die Feuerstelle die Menschen zu verbinden vermag, während das Brandfeuer eine für die Lebens- und Naturwelt zerstörerische Wirkung entfaltet. Das Originalaquarell ist verschollen.

The Gleaners, 1988
Kohle und Kreide auf grauem Papier
60 x 74 cm
WVZ Nr. 837

Bevor Ruth Baumgarte Anfang der 1990er Jahre wieder zur Ölmalerei wechselt, entstehen eine Reihe großformatiger Aquarelle sowie Kohle- und Kreidezeichnungen. In den Mittelpunkt rückt sie immer wieder die Darstellung starker Frauen und porträtiert sie in einer Reihe ausdrucksvoller Alltagsszenen und Bildnissen.

Ein herausragendes Beispiel stellt die Kohle- und Kreidezeichnung auf grauem Papier The Gleaners (dt. Ährenleserinnen) von 1988 dar, die sie zu Beginn ihres umfangreichen Afrika-Zyklus (1984-2004) schafft. Die Zeichnerin wandelt dabei ein bekanntes Motiv der Kunstgeschichte ab und verlegt es auf den afrikanischen Kontinent: Die Ährenleserinnen des französischen Malers Jean-François Millet. Das berühmte sozialkritische Gemälde von 1856 stellte erstmals die arme, arbeitende Landbevölkerung ohne Sentiment dar und beeinflusste damit eine ganze Künstlergeneration wie u. a. Vincent van Gogh.

Auch Ruth Baumgarte hebt die sehnigen, über den Boden gebeugten Körper der beiden Frauen mit unverblümtem Strich hervor, die von uns abgewandt in ihrer Tätigkeit versunken sind. Doch sowohl der orange-rote Kreideton der Kopfbedeckung, die auf wenige Striche verkürzte Körperdarstellung als auch die meisterhaft naturalistisch gezeichnete, jedoch leicht vergrößerte Hand im Vordergrund verleihen der Szene eine zeitgemäße expressive Note und involvieren den Blick der Betrachter und Betrachterinnen sofort in das Alltagsgeschehen. Mit Empathie erzählt Ruth Baumgarte von der Stärke und Verletzlichkeit arbeitender Frauen und verweist auf deren tragende Rolle, die sie im Gefüge der afrikanischen Gesellschaft einnehmen.

Mit dem Motiv der arbeitenden Frau führt die Künstlerin ein breites Themenfeld ihres Werks fort, das sie mit ihrem Industriezyklus (1952−1969) begonnen hatte.