Afrika I (Contrasts), 1986
Das querformatige Aquarellblatt wird vom Brustbild eines Mannes, der nah an den Bildrand gerückt ist, völlig beherrscht. Er ist schräg in den Bildraum gesetzt, der durch seine bewegte Erscheinung animiert erscheint. Seine rechte Hand stößt gestikulierend beinahe aus dem Bild heraus, sein Mund ist geöffnet, als ob er mit einem virtuellen Gegenüber spricht. Kopf und Oberkörper, dessen linke Schulter mit einem traditionellen Gewand bedeckt ist, sind in einer spannungsvollen Mischung aus Blau-, Grün- und Gelbtönen plastisch durchmodelliert, während frei gelassene Stellen lebendige Lichteffekte setzen.
Der Mann steht zwischen zwei Lebensformen im Hintergrund: Links sehen wir eine malerisch abstrahierte Metropole in modernistisch-blockhafter Gestaltung. Die andere Seite gewährt einen weiten Blick auf eine Savannenlandschaft mit Hütten, Bäumen und Gebirge. Während sich die Umrisse des Schultertuchs zur Landschaft hin auflösen, trennt die rechte Schulterlinie des Dargestellten klar Mensch und Stadtlandschaft voneinander, die hinter seinem Rücken liegt.
In den Achtzigerjahren wurde der Disput über die künftigen Lebensformen in Ländern des afrikanischen Kontinents weiter angefacht. Die meisten Afrikanerinnen und Afrikaner lebten in ländlichen Gebieten, die sozial und wirtschaftlich vom Rest der Welt abgeschnitten waren. Die städtischen Agglomerationen wuchsen kontinuierlich an. Gleichzeitig wurden in der wissenschaftlichen Debatte erste kritische Ansätze einer postkolonialen Deutung von Afrika und Arabien im westlichen Denken formuliert. Der aus dem Bild herausgreifende Gestus des Mannes verdeutlicht, dass die Bewohner und Bewohnerinnen dieses Kontinents gewillt sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und ihren Gesprächspartnern im Gedankenaustausch gleichberechtigt gegenüberzustehen.