Ölbohrung (Industrialisierung I), 1964, Aquarell und Bleistift auf elfenbeinfarbenem Aquarellpapier, 30 x 21 cm
Ölbohrung (Industrialisierung I), 1964
Im Eisenwerk Baumgarte findet Ruth Baumgarte in der Zeit des so genannten Wirtschaftswunders eigene Inspirationsquellen. Für eine Kalenderfolge von 1952 bis 1969 entwirft sie lebensnahe Szenen in den Maschinenhallen und Abfertigungsstätten, mit denen die Künstlerin „eine absolute Sonderstellung in Westdeutschland einnimmt“ (Eckhart J. Gillen). Das vorliegende Blatt zählt zu einer Gruppe von sechs Aquarellen, die ursprünglich für die Kalenderausgabe der Eisenwerke Baumgarte von 1965 vorgesehen waren, aber nicht verwendet wurden.
In diesem Blatt steht der Arbeiter im Mittelpunkt. Seine behandschuhte Hand führt den Hebel, seine Augen werfen einen prüfenden Blick auf den Vorgang, der außerhalb des Bildes liegt und der die Maschinerie im Hintergrund anwirft. Ruth Baumgarte versteht es meisterhaft, durch die kühne Konzentration auf Blau und Rot sowie die gegenläufige Bewegung der Figur nach rechts (Hand) und links (Blick) eine unmittelbar erlebbare Spannung im Bild aufzubauen. Der kräftige Kolorismus der Kalenderblattserie zeigt bereits den Einfluss der im Rheinland seit den 1960er Jahren populären amerikanischen Pop Art.