In der Kalenderblattfolge für das Jahr 1963 setzt Ruth Baumgarte erstmals farbiges Tonpapier für ihre Tusch- und Gouachezeichnungen ein und eröffnet sich damit neue Möglichkeiten für ihre Darstellung.

In den vorherigen Kalenderblattfolgen skizzierte die Zeichnerin noch realistisch, wie im Eisenwerk das flüssige Eisen in die Gußformen der Kessel transferiert wird. Nun rückt sie mit diesem Blatt den Fertigungsvorgang selbst ins Zentrum.

Der zusammengekauerte Arbeiter wird gezeigt, wie er gerade mit seinem Schweißgerät an einem Stahlkessel arbeitet und dabei einen wahren Funkenregen auslöst, der ihn wie eine Aurora umhüllt. Um diesen besonderen Moment hervorzuheben, entwirft die Künstlerin nicht nur einen perspektivisch rasch nach hinten fluchtenden Raum. Sie konzentriert sich auch allein auf die Farben Schwarz, Dunkelrot und Weiss, die sich klar vom warmen Dunkelgrau des Blatts abheben. So rückt sie den Brennpunkt der Szene, der genau im Bildzentrum steht, gekonnt ins Licht. Am rechten Bildrand führt sie zudem eine in Tusche skizzierte Rückenfigur ein, die den wichtigen Vorgang von außen prüfend beobachtet. Er steht am Rand der Szene, übrigens wie die Zeichnerin selbst, deren präzise Beobachtungsgabe von Menschen und Räumen ihr künstlerisches Lebenswerk prägte.

Die Kalenderblattfolge ist Teil von Ruth Baumgartes illustratorischem Werks, das über 2.200 Aquarelle und Handzeichnungen umfasst.