Zigeuner im Regen, 1942/43

Zigeuner im Regen, 1942
Kreide auf Papier
48 x 37,8 cm




Bereits als Studentin schuf Ruth Baumgarte 1942 mit dem Blatt Zigeuner im Regen ein frühes Meisterwerk. Zeichnerisch präsentierte sie ihr gesamtes Können mit der schwierigen Verkürzungen und Drehungen der Figuren, kunstvollen Schattierungen sowie dem komplizierten räumlichen Arrangement.

Ruth Baumgarte verarbeitete zeichnerisch in ihrem Frühwerk der 1940er Jahre im Gegensatz zu vielen Zeitgenossen mit offenen Augen die erschreckenden Gräueltaten an ihren Mitmenschen, insbesondere an den Sinti und Roma und an der sogenannten "verlorenen Generation".

Ruth Baumgartes Wohnort in Berlin-Karlshorst und der heutige Platz der Gedenktafel liegen in der Gegend der nicht mehr vorhandenen Laubenkolonie Wiesengrund, die in den 1940er Jahren von Sinti und Roma als Siedlung genutzt wurde, unweit des sogenannten "Zigeunerlagers" in Berlin-Marzahn. Die junge Künstlerin unterhielt trotz immer strikterer Restriktionen Verbindungen und Sympathien für Sinti und Roma. Einige Arbeiten, die sie nur mit einer Sondergenehmigung aus dem Nachkriegsberlin ausführen konnte, erzählen von Vertreibung und Verfolgung, so auch die Zeichnung Zigeuner im Regen von 1942.

Zwei Musiker fliehen durch den Regen vor einer im Bild sich abzeichnenden Gefahr. Die überwachten Bahngleise zum historischen Bahnhof Berlin-Wuhlheide, einer der letzten Stationen in der Deportation, finden sich zudem als mahnende Zeichen des beginnenden Genozids. Ruth Baumgartes in Berlin-Karlshorst entstandene Werke stammen aus einer Zeit der Verfolgung und Repression, als bereits das sogenannte „Zigeunerlager“ in Berlin-Marzahn bestand. Die junge Künstlerin wurde so zu einer genauen Beobachterin ihrer Umwelt, die nicht vor verbotenen und unbequemen Wahrheiten zurückschreckte, sondern zeitlebens ihre künstlerische Arbeit dem Menschen in seiner Realität widmete.

Vorstudie

Vorstudie zu Zigeuner im Regen, um 1942
Tusche auf Papier, 9,7 x 8,2 cm